15.07.08 Zille-Ausstellung:

Geschichtsfreunde in Zilles Bilderwelt

Großer Andrang in der Städtischen Galerie / Viel Lob für Ursula Köhler

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Villingen-Schwenningen (hco). Heinrich Zille bewegt die Massen. Nicht nur über die mehr als hundert Jahre hinweg, in denen er mit seinen Bilder die Blicke der Menschen auf das Leben der kleinen Leute in der wirtschaftlich aufstrebenden Metropole Berlin lenkt, sondern auch seit Eröffnung der Ausstellung „Heinrich Zille – Kinder der Straße“ in der Städtischen Galerie in Schwenningen.
Beim Geschichts- und Heimatverein Villingen (GHV), der für seine Mitglieder eine Sonderführung organisiert hatte, herrschte in den Räumen der Galerie an der Friedrich-Ebert-Straße Hochbetrieb. Höflich und augenzwinkernd begrüßte die Kunsthistorikerin Ursula Köhler die „25 angemeldeten Gäste“, deren Zahl sich auf mehr das Doppelte vermehrt hatte. Aber sie schaffte es, die große Schar aufmerksam und zielsicher durch die einzelnen Themenbereiche zu führen und einen umfassenden und äußerst plastischen Einblick in facettenreiche Leben und Schaffen des vielseitigen Berliner Künstlers zu geben.
Der GHV, der die Historikerin schon bei mehren Ausstellung schätzen gelernt hat, war wiederum begeistert von ihrer Kompetenz und der Art und Weise, mit der sie es verstand, den Blick – trotz der Vielzahl der ausgestellten Werke – auf das Wesentliche zu konzentrieren. Es gelang ihr meisterhaft, Zille als Maler, Zeichner, Grafiker und als Fotograf vorzustellen der sozialkritisch und humorvoll das Leben der „kleinen Leute“ im Berlin um die Jahrhundertwende in den Blickpunkt zu rücken.
Von der feinen Gesellschaft abgelehnt, von Kaiser Wilhelm II. als „Rinnsteinkünstler“ geschmäht, wurde er von der breiten Berliner Bevölkerung als „Papa Zille“ und „Raphael der Hinterhofe“ geliebt und heiß verehrt. Bedeutende Künstler seiner Zeit schätzten seine Arbeiten schon sehr früh und verhalfen ihm zu Anerkennung und Ansehen. Auf Max Liebermanns Vorschlag wurde Zille 1924 in die Akademie der Künste aufgenommen.
Was Zilles Zeichnungen, die meist die humoristische Seite in den Vordergrund rücken, in Wirklichkeit aussagen, erschließt dem Betrachter in dieser sehr gut präsentierten Bilderschau auf vielfältige Weise. Ursula Köhler ist es hundertprozentig gelungen, den Blick „hinter die Kulissen der heiteren Berliner Idylle“ und auf die Not der Verlierer und Gestrandeten der aufkommenden Industriegesellschaft zu lenken. Max Liebermann hat das Empfingen der Menschen, die sich mit Zilles Bildern ernsthaft auseinandersetzen, mit einem kurzen Zitat auf den Punkt gebracht: „Wir spüren die Tränen hinter ihrem Lachen“!
Der Zweite Vorsitzende des GHV, Dr. Helmut Kury, der auch Vorsitzender des Kunstvereins Villingen-Schwenningen ist, war ebenso begeistert wie die rund 60 Geschichtsfreunde. „Wir haben unglaublich viel an Detailwissen über Zille und seine Zeit erfahren“, stellte er an Schluss des Rundganges fest. Er dankte Ursula Köhler und lud die Teilnehmer ein, noch einmal auf eigene Faust in der Ausstellung, die bis zum 31. August zu sehen ist, auf Entdeckungsreise zu gehen.



Die zahlreichen Mitglieder des Geschichts- und Heimatvereins Villingen waren von der großartigen Ausstellung „Heinrich Zille – Kinder der Straße“ ebenso begeistert wie von der kompetenten Führung durch die Kunsthistorikerin Ursula Köhler (rechts).





Bilder/Text: Hermann Colli